Gesundheit

Ernährungsberatung an der LMU München – Geniestreich einer Marketingabteilung

Die Freude war groß – die Ludwig Maximilian Universität München (LMU) bietet eine Spezialsprechstunde für Halter übergewichtiger Haustiere an. Die Freude über diese großartige Idee zur Unterstützung von Haustierbesitzern verflog allerdings sehr schnell. Bei näherer Betrachtung handelt es sich doch nur um eine geniale Verkaufsaktion der Hill’s Pet Nutrition. 

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Tierärzte schlagen immer wieder Alarm, denn mehr als die Hälfte aller Hunde leiden an mehr oder weniger ausgeprägtem Übergewicht. Die langfristigen gesundheitlichen Folgen sind dabei nicht zu unterschätzen. Von Arthrose über Diabetes bis hin zu Krebserkrankungen, ist die Palette möglicher Folgeerkrankungen durch Übergewicht eine breite. Umso erfreulicher erschien daher das Angebot der Ludwig Maximilian Universität München, sich fortan nicht nur der Sensibilisierung von Haustierbesitzern widmen zu wollen, ab wann man bereits von Übergewicht spricht. Zusätzlich soll im Rahmen dieser neuen Spezialsprechstunde auch hinsichtlich optimaler Ernährung beraten und im Bedarfsfall ein maßgeschneiderter Ernährungsplan erstellen werden.

Dass sich aber eine Universitätsklinik dermaßen vor den Karren spannen lässt und das Vertrauen, das Tierbesitzer in eine solche Institution idealerweise setzen, gerne auch für Verkaufsmaßnahmen industrieller Erzeuger heranziehen, ist ethisch und moralisch nicht nachvollziehbar.

Geniestreich einer Marketingabteilung

Doch schon der erste Satz der Pressemitteilung lässt erkennen, worum es wirklich geht: „Die Medizinische Kleintierklinik der LMU München bietet in Kooperation mit Hill’s Pet Nutrition GmbH die Spezialsprechstunde „Idealgewicht für Hunde und Katzen“ an.“ Es handelt sich hierbei also mitnichten um eine unabhängige Ernährungsberatung, wie sie sich Tierbesitzer durchaus von einer Veterinäruniversität erwarten dürften, sondern vielmehr ist der Marketingabteilung von Hill’s Pet Nutrition ein Geniestreich im Sinne der Kundenbindung gelungen. Es liest sich geradezu frech: „Besonders am Herzen liegen uns die intensiven persönlichen Gespräche mit den Tierbesitzern“, betont die Ernährungsexpertin. Das schafft Vertrauen und motiviert, auch dabei zu bleiben.“

Während man in sämtlichen Meldungen auf gängigen Tagesmedienportalen nichts von der klaren Kooperation mit nur einem Futtermittelhersteller liest und dem besorgten Tierbesitzer somit eine unabhängige Ernährungsberatung suggeriert wird, wird man in der Publikation auf der Seite der LMU schon konkreter, was die angestrebte Therapie betrifft: „Das Team berechnet einen neuen Diätplan auf der Basis von kommerziellen Diäten oder auch selbst zusammengestellten Rationen. Die gute Nachricht für die Vierbeiner: Die neue Ration hat mindestens das gleiche Volumen wie die bisherigen Mahlzeiten, ist aber deutlich energiereduzierter.“

Neu ist das übrigens nicht. Bereits 2017 ging die LMU mit Privatdozentin Dr. Petra Kölle, Oberärztin für die Ernährungsberatung an der Medizinischen Kleintierklinik eine Kooperation, damals mit Royal Canin, ein.

Ethisch und moralisch nicht nachvollziehbarer Umgang mit Vertrauen der Tierbesitzer

Dass Unternehmen den Verkauf ihrer Produkte vorantreiben, ist selbstverständlich und absolut nachvollziehbar. Dass sich aber eine Universitätsklinik dermaßen vor den Karren spannen lässt und das Vertrauen, das Tierbesitzer in eine solche Institution idealerweise setzen, gerne auch für Verkaufsmaßnahmen industrieller Erzeuger heranziehen, ist ethisch und moralisch nicht nachvollziehbar. Zumal man als Tierbesitzer eigentlich davon ausgehen können sollte, dass man ausgerechnet an einer Universitätsklinik jederzeit unabhängig beraten wird!

Den ganzen Artikel findest du in Ausgabe 05/2020 .