Haltung

Tabuthema: Rassehund oder Mischling?

Diese Frage haben sich wohl schon viele Menschen gestellt, die überlegt haben, einen Hund in die Familie aufzunehmen. Was aber sind die Vorteile eines Mischlings oder eines Rassehundes, beziehungsweise: Gibt es wirkliche Vor- und Nachteile? Es kursieren viele Gerüchte zur Gesundheit des Rassehundes, zum Charakter von Mischlingen und vor allem: Jede Hundebesitzerin und jeder Hundebesitzer hat eine Meinung zu dieser Frage. 

bannerrassehundmischling

Wenn Nicht-Hundebesitzer überlegen, einen Hund zu sich zu nehmen, stellt sich unweigerlich die Frage, wo der Hund denn herkommen soll? Es gibt eine Vielzahl von Hunden, die auf der Suche nach einem neuen Zuhause sind. Es ist heutzutage wohl den meisten klar, dass es kein Kofferraumhund sein soll. Wie kann man bei dem riesigen Angebot aber DEN richtigen Hund finden?

Soll er aus dem nächstgelegenen Tierheim „gerettet“ werden, soll es ein Welpe vom Bauern aus dem Nachbarsdorf sein – die Mutter ein „Berner Schäferhund“ und der Vater vielleicht ein „Terrier-Border-Collie Mischling? Soll es ein Straßenhund aus Griechenland, der Türkei oder Spanien sein, oder soll es ein Rassehund mit gesundheitlich überprüften Elterntieren aus einer anerkannten Zuchtstätte sein? Für jede dieser Möglichkeiten kann es Gründe geben, die dafür sprechen und solche, die dagegen sprechen.

Rassehund ist nicht gleich Rassehund

Der Begriff Rassehund bezeichnet Hunde, die nach den Richtlinien des kynologischen Dachverbandes eines Landes mit Abstammungsnachweis gezüchtet werden. Oft liest man von angeblichen Rassehunden, die zwar von Eltern der selben Rasse sind, die jedoch ohne Papiere gezüchtet werden. Klar, diese Hunde können viel billiger abgegeben werden. Es sind jedoch die erforderlichen Richtlinien nicht überprüfbar und nicht nachweisbar erfüllt worden. Es kann nicht bescheinigt werden, dass die Elterntiere, die Großelterntiere, die Urgroßelterntiere, usw. gesund sind – es können mit Sicherheit nicht einmal die Eltern des Hundes bescheinigt werden.

Bei einigen anerkannten Zuchten ist es mittlerweilse sogar Standard, dass eine DNS-Datenbank der Zuchttiere oder der Welpen erstellt wird, sodass bei etwaigen Unsicherheiten über die Elternschaft mit einer DNS-Probe hier Klarheit geschaffen werden kann.

Rassehunde sind öfter krank, Mischlinge sind gesünder

Das Argument, dass Rassehunde häufiger krank sind als Mischlinge, ist so nicht haltbar. Mittlerweile belegen sogar Studien, dass Mischlinge nicht weniger häufig den Tierarzt aufsuchen und behandelt werden als Rassehunde.

Alle Rassehunde werden untersucht, damit sie zur Zucht zugelassen werden. Und bei diesen Untersuchungen können vererbbare Krankheiten oder minimale Veränderungen am Skelett des Hundes bereits zu einem Zuchtausschluss führen. Dennoch muss man auch hier sehr genau selektieren und sich beim Züchter vor Ort genauestens über mögliche Erbkrankheiten einer Rasse aufklären lassen. Auch der Austausch mit Rassehaltern kann Gewissheit über mögliche Erkrankungen einer bestimmten Rasse bringen. Die Aufnahme oder der Kauf eines Hundes sollten – egal ob Mischling oder Rassehund – immer bestens überlegt sein.

Der Preis & die Gesundheit

Ein Straßenhund aus einem fremden Land, aus dem Urlaub mit nach Hause genommen, kostet auf den ersten Blick nichts bis sehr wenig. Da jedoch keine tierärztlichen Untersuchungen und keine Vorgeschichte des Hundes bekannt sind, ist es wie in der Lotterie: hat man Glück, so ist der Hund glücklich, ein Zuhause zu haben und lebt sehr lange und sehr gesund. Hat man aber Pech, so kann dieser Hund aufgrund von chronischen Erkrankungen wegen längerfristiger Mangelernährung oder wegen bereits bestehender Krankheiten auch sehr viel Geld kosten. Der Mischling aus dem Tierheim wird in der Regel nur abgegeben, wenn er gesund ist. Wenn chronische Krankheiten bekannt sind, so wird man als Käufer darüber informiert und kann sich darauf einstellen, welche Kosten auf den Besitzer zukommen. Der Hund vom Bauernhof ist hoffentlich gut genährt, darf bis mindestens 8 Wochen bei seiner Mutter bleiben und wird dann abgegeben. Tierheimhunde kosten oft zwischen 200 € und 300 € und Mischlinge vom Bauernhof sind meistens nicht sehr teuer, manchmal werden sie sogar gratis an verantwortungsvolle Hundehalter abgegeben.

[box type=“shadow“ ]Egal ob Mischling oder Rassehund – jeder Hund bleibt einzigartig und wird sich je nach Aufzucht, Erfahrungen und Ausbildung zu einem individuellen Lebewesen entwickeln[/box]

Die Elterntiere der Mischlinge sind jedoch in den allerseltensten Fällen gesundheitlich auf die in der Rasse häufiger auftretenden Krankheiten untersucht – man weiß also einfach nicht, was die Eltern weitergeben. Ein Hund aus einer anerkannten Zuchtstätte kostet, je nach Rasse, mindestens eintausend Euro. Dies mag im ersten Moment überteuert erscheinen, der Preis ist aber begründbar. Für jedes Elterntier, das in Österreich in der Zucht eingesetzt werden darf, müssen je nach Rasse verschiedene gesundheitliche Atteste vorliegen, deren Untersuchungen unterschiedlich viel kosten. Es darf also nur mit gesunden Hunden gezüchtet werden. Bei manchen Rassen ist außerdem eine Prüfung oder ein Wesenstest Voraussetzung. Ebenso schlagen – je nach Rasse – teils nicht unerhebliche Deckgebühren zu Buche. Der Züchter hat also Ausgaben, es kann sein, dass er potenzielle Zuchttiere aufzieht und diese dann nicht zur Zucht einsetzen darf, auch wenn sie gesund sind, wenn sie aber zum Beispiel Träger eines rezessiv vererbbaren Gendefektes sind. Eine Garantie für einen gesunden Hund gibt es freilich nicht. Wir sprechen allerdings von Hunden, von Lebewesen, die uns eine ganze Zeit lang als Partner begleiten sollen. Bei der Auswahl des Partners sollte daher nicht der Preis alleiniges Entscheidungskriterium sein.

mischlingDer Charakter

Der Charakter ist wohl einer der wichtigsten Faktoren eines neuen Familienmitgliedes. Es soll zur Familie passen, es soll alle Familienmitglieder akzeptieren, es soll sich in den Tagesablauf der Familie einfügen können und das Bewegungsbedürfnis sollte auch ein ähnliches sein.

Rassehunde werden von seriösen Züchtern frühestens ab der 8. Woche abgegeben, sie werden gut sozialisiert und kennen schon verschiedene Situationen. Bei Mischlingen aus dem Nachbarsdorf kann man die Aufzucht selbst am besten beurteilen – sind die Hunde sauber untergebracht? Können die Welpen bei der Mutter bleiben? Schrecken sich die Welpen, wenn man sie besucht oder freuen sie sich über Menschen?

Straßenhunde wachsen oft alleine und zurückgezogen auf. Sie können auch schon sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gesammelt haben und vor einem bestimmten Typ Mensch Angst haben. Bei Rassehunden und bei Mischlingen, bei denen die Elterntiere bekannt sind, kann man aus dem Charakter der Elterntiere eventuell Schlüsse auf den Charakter und das Wesen der Welpen ziehen. Es werden sich ähnliche Züge wiedererkennen lassen. Bei so genannten Promenadenmischungen und bei Straßenhunden wird es schwierig, vorherzusagen, wie dieser Hund später sein wird, wie er in bestimmten Situationen reagiert. Jeder Hund bleibt jedoch einzigartig und wird sich je nach Aufzucht, Erfahrungen und Ausbildung zu einem individuellen Lebewesen entwickeln.

Fazit

Die erste Frage, die man sich stellen sollte: Was möchte ich mit meinem Hund machen? Möchte ich an Ausstellungen teilnehmen oder ist vielleicht sogar eine spätere Zucht nicht ganz ausgeschlossen, ist man mit einem Rassehund aus einer verantwortungsbewussten Zuchtstätte sicher besser beraten. Wenn Sie aber weder an Ausstellungen noch am Zuchtgeschehen an sich Interesse haben, sondern einfach einen vierbeinigen Partner für Ihre tägliche Joggingrunde, als Bereicherung Ihrer Familie oder einfach weil Sie schon immer von einem Hund geträumt haben, dann besuchen Sie doch mal ein Tierheim in Ihrer Nähe. Unzählige Hunde haben, meist unverschuldet, ihr Zuhause verloren und warten sehnsüchtig auf Menschen, die ihnen die zweite Chance geben, die sie so verdient hätten.

Sind Sie aber gerade im Urlaub in Griechenland und der eine Straßenhund, der tagtäglich bei Ihrem Appartement vorbeiläuft lässt Sie nicht mehr los, könnte nach Prüfung der Möglichkeiten, dieser Hund eine echte Bereicherung für Ihr Leben werden. Wenn Sie aber ein konkretes Interesse am Hundesport haben und schon genau wissen, welche Sparte Sie ausüben möchten, dann sind Sie natürlich wiederum mit einem Rassehund besser beraten.

Doch wie immer gilt – Ausnahmen bestätigen die Regel und im Prinzip ist es alleine Ihre Entscheidung, mit welchem Vierbeiner Sie sich zukünftig Ihre Couch teilen.

Autorin: Mag. Dr. Barbara Bohn, MA