Ein kurzer Rückblick: Die Domestikation des Wolfes ist 15.000 Jahre her und noch heute befassen wir uns mit der Frage nach dem „Warum“. Selbstverständlich gibt es einige Spekulationen, doch wie hat sich im Laufe der Jahrtausende die bedeutendste Mensch-Tier-Beziehung unserer Zeit entwickelt?
Haustiere wie wir sie heute kennen kamen zur damaligen Zeit nicht in Frage. Zu groß war der Eigenbedarf an Nahrung, bei dem der Wolf als präziser und ausdauernder Jäger dem Menschen auch noch in die Quere kam. Zu dieser Zeit hätte der Mensch auch gar nicht die notwendigen Möglichkeiten gehabt den Wolf „aus reinem Spaß“ zu halten und mit zu ernähren. Weder Ketten zum Anbinden um das Weglaufen zu verhindern noch Zäune waren üblich oder wurden eingesetzt. Somit muss sowohl der Wolf vom Menschen einen Nutzen gehabt haben als auch umgekehrt, sonst hätten sich zwei potentielle Feinde – Mensch und Wildtier – nicht in unmittelbarer Nähe geduldet.
Gemeinsame Interessen oder „Symbiosen“ sind im Tierreich nicht selten der Fall. Denken Sie nur an die kleinen Fische, die Wale oder Haie von lästigen Hautpartikeln befreien und sich dabei selbst ernähren. Genauso „züchten“ Ameisen Blattläuse, deren süßliches Sekret gemolken wird. Die Blattläuse profitieren wiederum vom Schutz der Ameisen.
Fülle an Nahrung
In Folge der Erwärmung nach dem strengen Eiszeitalter vor 15.000 Jahren drangen Mensch und Wolf vermehrt vor. Gletscher und Eiskappen in Nordeuropa schmolzen, es entfaltete sich eine nahezu baumlose Tundra, an der immer größere Gruppen von Rentieren anzutreffen waren – zur Freude von Mensch und Wolf, auch wenn sie sich gegenseitig die Beute streitig machten. Der Mensch konnte dem Wolf im Notfall die Beute entreißen, der Wolf sich wiederrum von den Essensresten des Menschen ernähren. So lebten beide zwar über sehr lange Zeit „nebeneinander“ und duldeten sich unter gewissen Umständen, doch von einer Zähmung war noch nicht die Rede.
Wölfe als Kinderersatz?
Die Frau scheint bei der Domestikation der Wölfe eine sehr wichtige Rolle gespielt zu haben. Bereits in der YOUR DOG Ausgabe 06/14 (Nov./Dez. 2014) beschrieb ich, wie einsame Frauen zurückgelassene Wolfswelpen bei sich aufnahmen um ihnen Wärme und Milch zu spenden, wenn die eigenen Kinder die harten Bedingungen nicht überlebt hatten. War der Wolf somit anfangs nur ein Kinderersatz? Die Wissenschaft ist sich hier nicht sicher, doch die Tatsache, dass Wölfe ab der dritten Lebenswoche ein Fluchtverhalten gegenüber uns Menschen entwickeln, lässt darauf schließen, dass diese schon kurz nach der Geburt per Hand aufgezogen werden mussten. Einige der zahm bleibenden Tiere konnten miteinander verpaart werden und durften sich von Abfällen ernähren, während viele im zunehmenden Alter immer aggressiver wurden und verscheucht werden mussten.
Den Artikel findest du in Ausgabe 03/2015 .