Ernährung Gesundheit

Mysterium Deklaration: was darf ins Hundefutter?

Anlässlich der aktuellen Diskussion um das Ergebnis von Stiftung Warentest zur Prüfung der Hundenassfuttersorten, wollen wir ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen. Die  Kennzeichnungspflicht wird durch die Futtermittelverkehrsverordnung (EG-VO 767/2009) geregelt und soll im Folgenden näher erläutert werden.

Was muss der Hersteller alles deklarieren?

Als Erstes muss angegeben werden, um welche Art Futtermittel es sich handelt. Alleinfuttermittel sind so zusammengesetzt, dass sie bei alleiniger Fütterung den kompletten täglichen Nährstoffbedarf des Tieres decken – und zwar sowohl für einen Welpen im Wachstum, ein ausgewachsenes Tier als auch für eine Hündin, die trächtig ist oder Junge säugt. Eine Ergänzung ist somit im Normalfall nicht notwendig. Um dies zu erreichen, muss die Futterzusammensetzung folglich so abgestimmt sein, dass die Tiere mit dem höchsten Bedarf an Nährstoffen keinen Mangel bekommen. Die Folge ist, dass ein normaler erwachsener Hund mit einigen Nährstoffen überversorgt ist. Zudem erinnert ein Dose, die auf den Punkt sämtliche Nährstoffe enthält eher an eine Meisterleistung der Laborkunst, als an eine Idee der Natur. Kein Nahrungsmittel natürlichen Ursprungs enthält nach vom Menschen tabellarisch vorgegebenen Einheiten jeden notwendigen Nährstoff. Die Ausgewogenheit in der Ernährung wird vielmehr durch entsprechende Abwechslung erreicht. Hunde sollten über einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen sämtliche nötigen Nährstoffe erhalten, um keinen Nährstoffmangel zu erleiden. Und seien wir uns ehrlich, wir Hundehalter sind um bestmögliche Abwechslung im Napf unserer Vierbeiner bemüht. Eine lebenslange Fütterung von nur 1 einzigen Sorte Nassfutter ist somit extrem unrealistisch.

Eine Alternative sind dann Alleinfutter, die speziell für „adulte/ausgewachsene“ Hunde konzipiert und auch so deklariert sind. Diese wären dann allerdings nicht für einen Welpen oder eine trächtige Hündin geeignet, da diese dann mit wichtigen Nährstoffen unterversorgt wären. Eine Art Sonderform der Alleinfuttermittel sind die Diätfuttermittel, die für besondere Ernährungszwecke konzipiert sind und spezielle Eigenschaften hinsichtlich Zusammensetzung und Nährstoffgehalte haben müssen, je nach Indikation. Vereinfacht gesagt sind dies Futter für kranke Tiere. Ein Futter für nierenkranke Tiere muss z.B. einen niedrigen Gehalt an Phosphor und Eiweiß aufweisen. Es gibt eine Positivliste der Indikationen (Tab. 1), d.h. alles was darauf steht ist erlaubt, alles andere wäre verboten.

Im Gegensatz zu den Alleinfuttermitteln decken Ergänzungsfuttermittel nicht den kompletten Nährstoffbedarf ab und müssen daher mit anderen Futtermittel kombiniert (= ergänzt) werden, z.B. einem Mineralfutter. Tut man dies nicht, kann es zu Mangelerscheinungen kommen. Beispiele für Ergänzungsfuttermittel sind Hundeflocken, Kräutermischungen und Leckerli wie Hundekekse. Einzelfuttermittel sind Futtermittel, die nur aus einer einzigen Zutat bestehen, beispielsweise Fleisch oder Haferflocken, aber auch reine Fleischdosen, wenn außerdem nichts weiter enthalten ist (also auch  keine Mineralstoffe). Leckerli wie Schweineohren oder getrockneter Pansen sind auch Einzelfuttermittel. Hierbei wird also nichts zugesetzt oder ergänzt und die Nährstoffzusammensetzung ist entsprechend dem ursprünglich verwendeten Futtermittel, unter Berücksichtigung der Nährstoffverluste durch den Verarbeitungsprozess (z.B. Trocknung bei Kauprodukten oder Sterilisation bei Dosenherstellung).

Mineralfuttermittel gehören zu den Ergänzungsfuttermitteln und zeichnen sich durch einen besonders hohen Anteil an Mineralstoffen ab. Diese „verstecken“ sich unter dem Begriff Rohasche und müssen hierbei mindestens 40 % betragen. Als zweites muss die Tierart angegeben werden, für die das Futtermittel gedacht ist, also „Hund“. Dann folgen die analytischen Bestandteile. Hierbei handelt es sich um die prozentualen Anteile an Eiweiß (= Rohprotein), Fett (= Rohöle und -fette), Ballaststoffen (= Rohfaser) und Mineralstoffen (= Rohasche). „Analytisch“ heißt es deshalb, weil für diese Nährstoffgruppen ein einheitliches Analyseverfahren verwendet wird, die so genannte Weender Analyse, mit der alle Futtermittel untersucht werden. Auf diese Weise wird verhindert, dass man zu unterschiedlichen Ergebnissen aufgrund verschiedener Analyseverfahren kommt. Die Bezeichnung „Roh“ weißt auf Stoffgruppen hin, d.h. es werden bestimmte Eigenschaften von Nährstoffgruppen zusammengefasst. Nicht deklariert wird der Anteil an Kohlenhydraten, denn diese werden nicht per Analyse, sondern rechnerisch durch den Abzug aller anderen Rohnährstoffe von der Trockensubstanz bestimmt (s. Beispiel). Der Gehalt an Feuchte muss nur angegeben werden, wenn dieser über 14 % liegt. Erst ab dann besteht Verderbnisgefahr, wenn die Futter nicht anderweitig konserviert werden. Aus diesem Grund findet man bei Dosenfutter immer einen Feuchtigkeitsgehalt und bei Trockenfutter nicht. Bei Mineralfuttermitteln müssen neben den Rohnährstoffen außerdem die Gehalte an Calcium, Phosphor und Natrium angegeben werden.

 

bilddeklaration

Des Weiteren muss die  Zusammensetzung, also die verwendeten Einzelfuttermittel angegeben werden, und zwar in absteigender Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile. Das heißt, dass das, was an erster Stelle steht, auch am meisten in dem Futter enthalten ist. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Zutaten ihrem Rohgewicht nach angegeben werden. Wenn bei Trockenfutter Fleisch also nicht an erster Stelle steht, heißt das nicht, das das Futter wenig Fleisch bzw. Eiweiß enthält, denn für Trockenfutter werden i.d.R. Fleischmehle verwendet, die nur etwa 10 % Wasser enthalten, also ungefähr so viel wie Getreide. Im Gegensatz dazu hat frisches Fleisch, was eher für Dosenfutter verwendet wird, um die 80 % Wasser. Es ist erlaubt bei der Zutatenliste eine Prozentangabe zu machen, wenn der Hersteller das möchte. Eine Prozentangabe (Mindestgehalt) muss erfolgen, wenn auf der Verpackung das Vorhandensein einer bestimmten Zutat besonders hervorgehoben wird, sei es durch eine Abbildung, Grafik oder besondere Betonung.

Der Hersteller darf sich aussuchen, ob er bei den verwendeten Inhaltsstoffen die Einzelbezeichnung oder die  Gruppenbezeichnung/Kategorie verwendet. Wenn ein Futtermittel z.B. Fleisch und Leber vom Rind enthält, können diese entweder als „Muskelfleisch und Rinderleber“ oder als „Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse“ deklariert werden. Der Unterschied besteht also nur in der Art der Benennung. Für Sie als Besitzer ist die so genannte „offene Deklaration“, also die genaue Angabe der einzelnen Zutaten, natürlich schöner, denn Sie erkennen sofort, was das Futter alles enthält. Wird die Gruppendeklaration verwendet, ist der Hersteller aber verpflichtet Ihnen auf Nachfrage alle verwendeten Zutaten zu nennen. Weiterhin müssen die verwendeten Zusatzstoffe unter ihrer Gruppenbezeichnung und inklusive der Menge angegeben werden. Diese werden über die Futtermittelzusatzstoffverordnung (EG-VO 1831/2003) geregelt. Es kann entweder der Name und/oder die E-Nummer angegeben werden. Es gibt ein frei zugängliches Gemeinschaftsregister der Futtermittelzusatzstoffe, in der alle zugelassenen Zusatzstoffe beschrieben und mit zu beachtenden Hinweisen (z.B. Höchstgehalte) gelistet sind. Die jeweiligen E-Nummern sind dort auch zu finden. Die für den Heimtierbereich relevanten Gruppen sind die technologischen Zusatzstoffe (z.B. Konservierungsmittel, Antioxidantien, Bindemittel, etc.), die sensorischen Zusatzstoffe (Farb- und Aromastoffe) und die ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe. Letztere umfassen Vitamine, Spurenelemente und Aminosäuren, also sehr wichtige Nährstoffe, die in einem Alleinfutter nicht fehlen sollten. Natürlich sind Vitamine und Spurenelemente bereits in den Rohstoffen enthalten, aber meist nicht in ausreichenden Mengen. Außerdem müssen auch Verluste, die bei Herstellung und Lagerung entstehen, berücksichtigt und durch eine entsprechende Ergänzung ausgeglichen werden (zumindest bei Alleinfuttermitteln). Da nur die zugesetzte Menge angegeben werden muss, spiegelt der angegebene Gehalt nicht unbedingt den tatsächlichen Gehalt des Nährstoffs im Produkt wieder, da der Nährstoffgehalt der verwendeten Rohstoffe hierbei nicht berücksichtigt wird. Einige Firmen stellen ihre Analysedaten mit den Gesamtnährstoffgehalten zur Verfügung, allerdings nicht jede Firma.

Deklarationsbeispiele

Offene Deklaration
Zusammensetzung: Muskelfleisch von der Pute (20%), Putenherzen (20%), Putenmägen (12%), Karotten, Kartoffeln (9%), Putenleber (8%), Birne (7%), Brokkoli (5%), Hirse, Molke, Weizenkeimöl (1,5%), geschroteter Leinsamen, Petersilie, Basilikum, Blütenpollen, Seealge (0,4%), Bio-Eierschalenpulver (0,4%).
(Verhältnis Fleisch : Gemüse, Obst, Kräuter : Kartoffel, Hirse : übrige Rohstoffe = 60% : 24% : 9+3% : 4%)

Gruppendeklaration
Zusatzstoffe: Ernährungsphysiologische Zusatzstoffe (s. Tabelle „Zusatzstoffe“) / Technologische Zusatzstoffe: Cassia-Gum: 3500mg/kg bei 400g Dose, 2800mg bei 800g Dose. Ohne künstliche Farb- und Aromastoffe, ohne Konservierungsstoffe.

Zusammensetzung : Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse (42%, u.a. 4% von 3 verschiedenen Geflügelsorten), Getreide, Fisch und Fischnebenerzeugnisse, Mineralstoffe, pflanzliche Nebenerzeugnisse (0.5% getrocknete Rübenschnitzel), Öle und Fette (0.5% Sonnenblumenöl).

Was darf alles ins Futter und was nicht?

Das Gesetz schreibt genau vor, welche Zutaten für Heimtierfutter verwendet werden dürfen und welche verboten sind. Das oberste Gebot ist, dass keinerlei Gefahr für die Gesundheit des Tieres von dem Futtermittel ausgehen darf. Entgegen manchen Meinungen und durch die Werbung suggerierten Aussagen, muss jedes Schlachttier, das ganz oder teilweise ins Futter soll, immer eine entsprechende Fleischuntersuchung und Beurteilung nach dem Standard für Lebensmittel durchlaufen haben. Die Verordnung (EG) 1069/2009 über nicht für den menschlichen
Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (früher EG-VO 1774/2002) regelt europaweit, welche Ausgangsmaterialien tierischer Herkunft für Hundefutter verwendet werden dürfen und teilt diese in 3 Kategorien.

Fleischqualität in 3 Kategorien 

In die Kategorie 1 gehören z.B. getötete Heim-, Zoound Zirkustiere, Versuchstiere, Tiere mit übertragbaren Krankheiten (auch Wildtiere mit Verdacht), Erzeugnisse von Tieren, denen verbotene Stoffe verabreicht wurden oder bei denen Rückstände von Umweltgiften gefunden wurden, BSE-Risikomaterial und Küchenabfälle. All diese müssen zwingend vernichtet werden (z.B. durch Verbrennen).

Die Kategorie 2 umfasst alle Tiere, die auf andere Weise als Schlachtung für den menschlichen Verzehr gestorben sind, z.B. gefallene oder getötete Wild- und Nutztiere, Föten, Eizellen, Embryonen, abgestorbene Küken, Schlachtkörperteile mit Krankheitsmerkmalen, Erzeugnisse tierischen Ursprungs mit Rückständen von Tierarzneimitteln sowie Gülle und Magen-Darminhalt. Diese müssen auch vernichtet werden, dürfen aber z.B. noch in Biogasanlagen verwendet werden. Wegen des seuchenhygienischen Risikos und aufgrund der Rückstandsproblematik dürfen Material der Kategorie 1 und 2 NICHT zu Heimtierfutter verarbeitet werden!

Verwendet werden darf Material der Kategorie 3. Hierzu gehören geschlachtete oder getötete (Wild-)Tiere, die zwar als genusstauglich (also prinzipiell verzehrsfähig) gelten, aus kommerziellen Gründen aber nicht zum menschlichen Verzehr geeignet bzw. dafür bestimmt sind. Dies sind v.a. Teile von Tieren, die in der Human-Ernährung selten verwendet werden, aber durchaus hochwertige Futtermittel darstellen, z.B. Pansen,
Lunge, Leber, Zunge, Herz, Euter, Knochen usw. Rein theoretisch gehören hierzu aber auch minderwertigere Futtermittel, bzw. Nebenprodukte, „die nicht für menschlichen Verzehr geeignet“ sind, wie Häute, Hufe, Ohren oder Hühnerfüße. Entgegen der Ausführungen im Testbericht der Stiftung Warentest,  dürfen diese also prinzipiell verfüttert werden

Zusätzlich zu der Einteilung in Kategorien gibt es in der Futtermittelverkehrsverordnung eine Liste der für Futtermittel generell verbotenen Stoffe. Diese sind Kot, Urin und der Inhalt des Verdauungstraktes, mit Gerbstoffen behandelte Häute, mit Pflanzenschutzmitteln behandeltes Saatgut, Holz (einschließlich Sägemehl), Abfälle (aus Abwasser sowie Hausmüll) und Verpackung und Verpackungsteile.

Womit darf geworben werden?

Neben der Kennzeichnungspflicht, die für eine möglichst hohe Transparenz sorgen soll, sieht der Gesetzgeber vor, welche (Werbe-)Aussagen hinsichtlich der Eigenschaften des Futtermittels getroffen werden dürfen, um den Verbraucher vor Täuschung und Irreführung zu schützen. Leider findet man immer wieder Beispiele von Herstellern oder Vertreibern, die sich nicht daran halten. Laut Gesetz dürfen keine Aussagen gemacht werden, die sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten oder auf die Verhütung solcher Krankheiten, die nicht Folge mangelhafter Ernährung sind, beziehen (dies gilt natürlich nicht für Diätfuttermittel). Erlaubt wäre also z.B. „Vitamin A hilft bei Vitamin-A-Mangel“, nicht erlaubt wäre „Vitamin A ist gut für die Haut, daher hilft es bei Pilzerkrankungen!“. Außerdem darf einem Futtermittel nicht der Anschein eines Arzneimittels gegeben werden. Es darf auch nicht zu verstehen gegeben werden, dass das Futtermittel besondere Eigenschaften hat, obwohl alle vergleichbaren Futtermittel dieselben Eigenschaften haben. Aussagen zu bestimmten Wirkungen des Futtermittels, die nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht bestehen bzw. nicht hinreichend gesichert sind, sind irreführend und ebenfalls verboten. Letztlich dürfen keinerlei Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über die Eigenschaften des Futters (v.a. über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft, Art der Herstellung) verwendet werden, die in irgendeiner Weise dem Verbraucher etwas vortäuschen könnten (§§19, 20 LFGB: Verbote zum Schutz vor Täuschung
und Verbot der krankheitsbezogenen Werbung).

Den Artikel findest du in Ausgabe 03/2014 .

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