„Gefühl ist unordentlich, kompliziert, ursprünglich und undefinierbar, weil es überall ist“ (John Ratey, Neurologe). Mit diesem kurzen aber zugleich eindrucksvollen Satz möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einen Einblick in die Gefühle unserer Hunde gewähren.
Gefühle erscheinen uns Menschen in der Regel als sehr primitiv, da wir sie tagtäglich erleben und diese unser Leben maßgeblich beeinflussen. Nichts desto trotz sind es komplexe biologische Vorgänge und die Wissenschaft ist noch nicht mal im Ansatz damit fertig, das Mysterium der Gefühle richtig einordnen oder gar vollständig verstehen zu können. Bei über 85 Milliarden Neuronen im menschlichen Gehirn, die durch 100 Billiarden Synapsen miteinander verbunden sind, erweist sich die Forschung verständlicherweise als relativ schwierig. Zudem können Gefühle nicht mir nichts, dir nichts selbst untersucht werden. Jedes Gefühl beinhaltet eine physiologische Veränderung, eine sichtbare Veränderung im Ausdrucksverhalten, den Gedanken und das Erleben des Gefühls selbst. Nehmen wir als Beispiel die Wut: Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen (physiologisch), Sie werden größer und weiten die Augen (Ausdruck), Sie denken sich eventuell „Was mache ich als Nächstes, wie soll diese Auseinandersetzung enden“ (Gedanken) und in Ihrem Inneren erleben Sie die Wut (Gefühl). In welcher Reihenfolge all das geschieht ist hingegen nicht klar. Kommt zuerst das Gefühl der Wut, oder kommt erst durch Ihr Ausdrucksverhalten das Gefühl zustande? Beginnt all das mit der physiologischen Veränderung indem Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen, oder sind es die Gedanken, die das restliche Prozedere steuern? Sie sehen, es gibt einige Varianten und Möglichkeiten. Das Zusammenspiel all dieser Vorgänge richtig einzuordnen ist somit keinesfalls einfach und erfordert noch einiges an wissenschaftlicher Arbeit.
Sich über Gefühle Gedanken machen
Die meisten Wissenschaftler sind sich in der Annahme einig, dass unsere Hunde Gefühle wie Angst, Glück, Trauer etc. – um nur wenige Beispiele zu nennen – empfinden können. Nicht so einfach lässt sich hingegen die Frage nach dem „wie“ beantworten. Ich – und vielleicht auch Sie – stelle mir selbst häufig die Frage weshalb meine Hunde Angst anders empfinden sollten als ich. Schließlich sind die Abläufe im Grunde die gleichen, wie bei uns Menschen. Sowohl im physiologische als auch im Ausdrucksverhalten lässt sich einiges erkennen. Nichts desto trotz sind Gefühle schwer zu fassen. Versuchen Sie „Angst“ zu beschreiben und machen Sie Notizen ohne Gedanken oder eigene Emotionen miteinzubringen bzw. beschreiben zu wollen. Halten Sie einfach nur das Gefühl fest und achten Sie darauf, das Gefühl nicht mit Gedanken zu verwechseln oder zu interpretieren. Das ist gar nicht so einfach.
Das Gefühl der Angst
Vorweg: Die Angst ist ein wichtiger Bestandteil jedes Lebewesens, da dadurch das eigene Überleben gesichert wird. Wer gar keine Angst verspürt wird entweder nicht lange überleben oder die Überlebenschancen werden drastisch sinken. Oftmals wird die Angst in unserem Wortgebrauch als ein Verhalten angesehen. Logisch, ein Hund kann sich schließlich ängstlich verhalten. Letztendlich ist und bleibt es aber ein Gefühl. Angst kann aber auch kontraproduktiv sein. Zum Beispiel dann, wenn lärmempfindliche Hunde sich in Gefahrensituationen begeben. Jährlich sterben Hunde zu Silvester, weil sie entweder von zu Hause ausbrechen und überfahren werden, oder aus dem offenen Fenster springen um der möglichen Gefahr der Silvesterkracher zu entkommen. Das Gleiche passiert bei Hunden mit Gewitterangst. Häufig entwickeln sich auch posttraumatische Belastungsstörungen und die Hunde leben durchgängig in einem enormen Stresszustand.
Den ganzen Artikel findest du in Ausgabe 06/2015 .