Gesundheit

Brachycephalensyndrom bei kurzköpfigen Rassen

Kurzatmigkeit, Schnarchen, Atemnot – gezielte Zuchtselektion hat bei zahlreichen kurzschnäuzigen Rassen ihren Tribut. Die Tiere leiden bei extremer Atemnot oft unter Todesangst und das Leben ist kaum noch lebenswert. Dr. Schwingshandl von der Tierklinik Wels hat sich auf die lebensverbessernden Operationsmethoden spezialisiert und konnte schon zahlreichen Hunden zu mehr Lebensqualität verhelfen. 

Bulldoggen

Kurzschnäuzige, sogenannte brachycephale Rassen (c) www.istockphoto.com, Collage: Your Dog

Bei kurznasigen Hunderassen wie der Mops deutet folgende Symptomatik auf ein komplexeres Krankheitsgeschehen hin: Schnarchen, Atemprobleme bei Belastung oder Aufregung, Atmenot, Blaufärbung der Maulschleimhäute, Verschlechterung der Symptome bei Hitze, chronisches Erbrechen und Kollaps. Die Ursache ist eine anatomische und funktionelle Missbildung der oberen Atemwege und des oberen Verdauungstraktes. Gezielte Zucht auf eine Verkürzung des Schädels hat zur Ausbildung dieser sogenannten brachycephalen Rassen wie z.B. der Mops und die französische Bulldoge (brachis = kurz und cephalus = Kopf) geführt. Durch Zuchtauslese wurden besonders Nase und Unterkiefer immer weiter verkürzt. Diese gezielte Umformung des Hundeschädels wird unter dem Begriff Brachycephales Syndrom (Deformationen an allen oberen Atemwegen, dem Gebiss, dem Mittelohr, den Augen und dem Gehirn) zusammengefasst.

Verengte Nasenlöcher und Nasenhöhlen, verlängertes oder verdicktes Gaumensegel als Rassemerkmal 

Als charakteristische Befunde gelten verengte Nasenlöcher und Nasenhöhlen, ein verlängertes und verdicktes Gaumensegel sowie Veränderungen an Kehlkopf und Luftröhre. Jede Einengung der oberen Atemwege, die zu pfeifenden oder schnarchenden Atemgeräuschen führt, ist ein Hinweis auf eine Verlegung der Atemwege. Atemnot wird von Mensch und Tier immer als Lebensbedrohung empfunden.

Wenn es draußen heiß ist, beginnt der Mensch zu schwitzen. Dabei wird das Wasser der Schweißdrüsen auf der großen Oberfläche der Haut verteilt und verdunstet. Es entsteht „Verdunstungskälte“, die wiederum das Blut in Haut herab kühlt. Hunde können nicht schwitzen. Aber auch sie nutzen das Prinzip der Verdunstungskälte. Sie haben ihre große Oberfläche innerhalb der Nasenmuscheln. Durch sie strömt die Einatemluft und erzeugt auf der durch Drüsen befeuchteten Oberfläche die Verdunstungskälte. Brachycephale Hunde haben derart verkleinerte und kaum belüftete Nasenmuscheln, dass die Thermoregulation nicht mehr funktionieren kann. Deswegen dauert die Erholungszeit nach Bewegung oder Wärmebelastung ot viele Stunden. Diese Form der Atemprobleme verschwindet leider nie von selbst. Im Gegenteil! Besonders die Folgen eines zu engen Atmungsganges in der Nase, und der damit verbundene zu hohe Atemwiderstand, führen über Jahre hinweg zu einer Traumatisierung des Gewebes im Rachen- und Kehlkopfbereich. Das Gewebe verdickt sich und engt die Atemwege immer weiter ein – dadurch nehmen die Beschwerden zu.Wenn die Atemnot bestehen bleibt, verändert sich schließlich der Kehlkopfknorpel so stark, dass man von einem Kehlkopfkollaps spricht.Hierfür gab es bisher praktisch keine Hilfe mehr.

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Mehr Lebensqualität durch neue Operationsmethode

Heute kann mit Laser-Chirurgie eine gewisse Linderung und Verbesserung der Lebensqualität geschaffen werden. Mein besonders Anliegen besteht nun darin, das Leid dieser Tiere durch diese neue Behandlungsmethode zu lindern. Üblicherweise wird versucht, die Verengungen an mehreren Stellen chirurgisch zu beseitigen: (1) Das Gaumensegel wird verkürzt, (2) zu enge Nasenöffnungen erweitert und bei einigen Hunden werden im Kehlkopf (3) die hervorgetretenen Kehlkopftaschen entfernt. Die Erfolge sind jedoch nicht immer befriedigend und die bisherigen Operationsmethoden führen bei starker Atemnot oft nicht zur erhofften Verbesserung. Deswegen hat Prof.Dr.Öchtering aus Leipzig ein neues, einzigartiges Therapieverfahren (LATE) entwickelt, das ich in der Tierklinik Hollabrunn bei Dr. Schwarz Günter erlernt habe und seitdem erfolgreich in meiner Tierklinik in Wels anwende.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass eine der wesentlichen Ursachen der Atemnot die Verstopfung innerhalb der Nasenhöhle mit fehl gestalteten Nasenmuscheln ist. Mit Laserchirurgie kann man einen neuen freien Atemweg schaffen. Bei der LATE-Operation wird Laserlicht endoskopisch über eine biegbare Sonde (Durchmesser 0,4 mm) in die Nase geleitet und diejenigen Anteile der Nasenmuscheln, die den Atemweg „verstopfen“, werden verdampft. So entsteht ein neuer röhrenförmiger Nasengang, über den die Tiere wieder gut atmen können. Diese neue Operationsmethode wird als LATE (Laser-assistierte Turbinektomie) bezeichnet.

Probleme gleich an mehreren Engstellen

Die Atmung wird bei brachycephalen Hunden sehr häufig gleichzeitig an mehreren Engstellen massiv behindert (Nasenöffnung, Nasenhöhle, Gaumensegel,…). Ob und wo operiert werden muss, kann ich jedoch erst nach Auswertung der bildgebenden Diagnostik (CT) festlegen. Um Folgeschäden an weiteren Organen zu verhindern, rate ich, Hunde mit offensichtlichen Beschwerden möglichst frühzeitig zu operieren. Jedoch führt diese Methode auch bei älteren Hunden zu einer deutlichen Verminderung der Atemnot und damit zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Die früher praktizierte alleinige Kürzung des Gaumensegels kombiniert mit der äußeren Erweiterung der Nasenöffnung zeigte bei vielen Hunden einen entweder ausbleibenden Erfolg oder nur kurz (3-6 Monate) anhaltenden Erfolg. Erst durch die LATE-Operation stellte sich der gewünschte Effekt ein.

Vorige Woche erst habe ich die mehrfache Mopsmama „Ronny“ nach dieser Methode operiert und dadurch ihre Lebensqualität erheblich verbessert. Ronny ist bereits 6 Jahre alt und hat auch ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Trotzdem hat die OP den gewünschten Erfolg gebracht und sie kann ihr „Mopsleben in Pension“ jetzt erst richtig genießen. Bei ihr waren alle die Nasenöffnungen zu klein, die Nasenhöhle verstopft und die Gaumensegel bis zu 1.5 cm verdickt. Nach gelungener OP konnte Ronny am Abend bereits der Besitzerin übergeben werden. Die postoperative Therapie besteht lediglich in einer Antibiotika- und Cortisongabe zur Abschwellung.

Autor:
Dr. Christian Schwingshandl
Tierklinik Wels