Wer sich ernsthaft mit der Jagd auseinandersetzt und sich auf die Suche nach einem vierbeinigen Allround-Helfer begibt, kommt um den Deutsch Kurzhaar nicht herum. Der athletische Jagdhund ist das Allround-Talent schlechthin und zählt nicht grundlos zu den beliebtesten Jagdhunden überhaupt. Die Haltung als reiner Familienhund erweist sich als Herausforderung, ist für sportliche und unternehmungsfreudige Menschen aber möglich.
Der drahtige Hund mit der stolzen Haltung hat seinen Ursprung in der Zeit, als die Jagd auf Vögel und anderes Wild für einen breiten Kreis der Bevölkerung zugänglich und interessant wurde. Zuvor war die lustvolle Jagd allein den europäischen Adelshäusern vorbehalten, das gemeine Volk jagte wenn ausschließlich zum Nahrungserwerb. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit der Entwicklung der Schrotflinte erschlossen sich völlig neue Jagdmöglichkeiten. Nach der Französischen Revolution und unter Napoleon erfuhr die Jagd einen großen Wandel, welcher auch neue Arten von Jagdgebrauchshunden erforderlich machte. Der Adel konnte auf eine Vielzahl unterschiedlich spezialisierter Hunde zugreifen. So spürten Setter und Pointer beispielsweise das Wild auf, ehe Retriever das geschossene Stück apportierten. Die Spaniels waren schon vielseitiger und kombinierten Stöbern und Bringen in enger Zusammenarbeit mit ihrem Jäger.
Leicht nachvollziehbar, dass sich ein Jäger, der nicht von adligem Stand war, einen solchen Aufwand niemals leisten konnte. So konzentrierte man sich in Mitteleuropa auf die Schaffung eines Allroundtalents. Ein Hund der Aufspüren, Verweisen, Festhalten und Bringen gleichermaßen beherrschte. Zudem sollte der Hund über ausreichend Mut und Schneid verfügen, auch größeres Wild zu fassen. In der Familie sollte er möglichst ausgeglichen und anhänglich sein.
Die Vorfahren des Deutsch Kurzhaar stammen wie die meisten europäischen Hunde von jenen Ahnen ab, die ihren Ursprung in den Nachfahren des St.-Hubertus-Hundes sowie des alten Spanischen Pointers finden. Aus diesen noch starkknochigen und massigen Hunden, entwickelten Deutsche, Franzosen, Engländer und Spanier Vorstehhunde nach ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen. Doch selbst gegen Ende des 19. Jahrhunderts war man noch weit entfernt von einem einheitlichen Erscheinungsbild. Ausgerechnet in Deutschland war man sehr weit vom Idealbild des Vorstehhundes entfernt. Statt eines eleganten, flinken und wendigen Jagdhundes veränderte sich der gezüchtete Typus trotz großer Bemühungen kaum und war stets schwerfällig, kurzbeinig und wenig beweglich.
Langer Weg zum Idealbild
1879 waren die deutschen Züchter, allen voran Karl Brandt, so verzweifelt, dass jeglicher Hund, der nicht dem Idealbild entsprach, vom Zuchtbuch ausgeschlossen wurde, auch wenn er über noch so gute Eigenschaften verfügte. Brandt folgte dem Grundsatz, dass nur ein ausgezeichneter Formwert über die Leistungsfähigkeit entscheiden würde. Erst Prinz Solm setzte dieser Annahme entgegen und formulierte sein Zuchtprinzip so: „Nicht die Funktion soll sich aus der Form ergeben, sondern die Form aus der Funktion.“ Dem Prinzen kam es also in erster Linie auf die Leistungsfähigkeit eines Hundes und nicht auf sein Aussehen an. Seine Erfolgsformel lautete „Durch Leistungsfähigkeit zum Typus“. Unter seiner Leitung änderte so mancher deutsche Züchter seine Einstellung und setzte den Schwerpunkt fortan auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit, anstatt wie bisher auf rein optische Aspekte.
So entsprach der Hund Nero 66 (die Zahl steht für seine Nummer im Zuchtbuch) aus der Zucht von Julius Mehlich als Erster überhaupt dem Idealbild des Deutsch Kurzhaar. Er zeichnete sich durch seine herausragende Nasenarbeit und seine beispiellose Ausdauer und Kraft aus. Zudem entsprach er mit seinem braunen Fell mit geschimmelter Brust auch optisch der Vorstellung der Züchter. Sein herausragendes Talent beeindruckte sogar jenen Herrn Schmidt, der stets die berühmte Hoppenrade-Jagd veranstaltete. Als dieser vom Erfolg Neros beim Deutschen Derby für Jagdgebrauchshunde erfuhr, lud er Nero und seinen Besitzer zu einer Leistungsschau im Rahmen seiner Jagd ein. Dabei verfolgte der mutige Nero einen angeschossenen Hasen und kehrte so lange nicht zurück, dass man bereits vom Schlimmsten ausging. Doch plötzlich erschien Nero mit dem leblosen Körper des Hasen im Maul, am anderen Ufer eines reißenden Flusses. Frei von jeglicher Angst soll er sich in die Fluten gestürzt und sich zurück ans Ufer gekämpft haben, um seinem Herren das Stück Wild zu bringen. Herr Schmidt zeigte sich so beeindruckt, dass er Nero fortan „Nero von Hoppenrade“ nannte und befand, dass auch Neros Nachkommen den Namen tragen sollten. Englische Züchter debattierten lange Zeit mit deutschen Kollegen, inwiefern der Bluthund zur Entstehung des Deutsch Kurzhaar beigetragen hat. Wie erwähnt lassen sich unter den frühen Ahnen europäischer Jagdhunde auch Bluthunde finden, doch den gezielten Einsatz selbiger zum Erhalt des Deutsch Kurzhaar bestreiten deutsche Züchter vehement. 1891 wurde schließlich der „Kurzhaar Berlin“ Klub gegründet, der sechs Jahre später in den „Deutsch-Kurzhaar-Verband“ überging. 1897 erschien auch erstmalig das „Zuchtbuch Deutsch-Kurzhaar“, welches seither geführt wird.
Workaholic und Multitalent
Wenn man einen genauen Blick auf die Jagdbereiche wirft, in denen die Rasse eine absolut zuverlässige Arbeit leistet, ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie sich weltweit größter Beliebtheit erfreut. Sie leistet sowohl bei der Wasserarbeit, der Suche, dem Vorstehen, dem Verlorensuchen als auch dem Bringen hervorragende Arbeit und begeistert durch seine Führigkeit, seinen Gehorsam bei gleichzeitig enormer Arbeitsfreude. Den Deutsch Kurzhaar bei der konzentrierten und raschen Arbeit zu beobachten ist eine wahre Freude. Das reglose Verharren in der typischen Vorstehpose, um seinem Besitzer zu vermitteln, dass sich das Wild in unmittelbarer Nähe befindet, wirkt auf den Beobachter äußerst beeindruckend. Doch auch im Verfolgen einer Schweißfährte (Schweiß = Blut, welches ein nicht tödlich getroffenes Wild während der Flucht verliert) verfügt der Deutsch Kurzhaar über ein herausragendes Talent. Dank seiner Größe ist er um ein Vielfaches schneller und wendiger als die mittelgroßen Schweißhunde.
Den ganzen Artikel findest du in Ausgabe 05/2017 .