Forschung

Boxer Krebsprojekt

Dass es auch Rassevereine gibt, die die Gesundherhaltung ihrer Rasse in den Mittelpunkt ihres Strebens stellen, beweist die Landesgruppe Kärnten des Österreichischen Boxer Klubs. Leidenschaftliche Freunde des Boxers haben sich zusammengetan, um gemeinsam gegen das Mammakarzinom und für die Gesundheit ihrer Hunde ein Forschungsprojekt ins Leben zu rufen. YOUR DOG war bei der Info-Veranstaltung vor Ort.

Am 9. August 2013 fand an der Veterinärmedizinischen Universität Wien eine umfassende Informationsveranstaltung zum Kärntner Boxerprojekt zur Krebsforschung statt, die die Grundlagen und Inhalte des Forschungsprojekts zum Mammakarzinom der Boxerhündin vorstellte.

Das Kärntner Boxerprojekt zur Krebsforschung basiert auf einer Idee und Spende der ÖBK-Landesgruppe Kärnten unter Leitung von Dr. Elisabeth Fuchs-Rothenpieler. Mit der zweckgebundenen Spende an den in Deutschland ansässigen „Förderverein für wissenschaftliche Hundeforschung e.V.“ ist der Auftrag verbunden, dieses Projekt in Zusammenarbeit mit  Dr. Michael Willmann von der Veterinärmedizinischen Universität Wien, wo eine international führende und auf humanmedizinischem Niveau arbeitende Infrastruktur für die Krebsforschung für Hunde zur Verfügung steht, zu initiieren, zu begleiten und die Ergebnisse Boxerzüchtern und -besitzern  nahezubringen. Zu Beginn der dreistündigen Präsentation sprachen Mag. Kerstin Piribauer als Ansprechpartnerin für dieses Projekt beim Förderverein für wissenschaftliche Hundeforschung und Dr. Elisabeth Fuchs-Rothenpieler, Obfrau der ÖBK-Landesgruppe Kärnten, über die Initiative, dieses Forschungsprojekt ins Leben zu rufen.

Neuartiges Engagement für das Leben des Hundes

Mag. Kerstin Piribauer dankte der Landesgruppe, dem Förderverein und Herrn Dr. Michael Willmann für das Engagement und den Mut, neue Wege und neue Chancen für das LEBEN unserer Hunde mit einer Krebserkrankung zu unterstützen bzw. zu bereiten und ermutigte zugleich, als HundebesitzerIn diese Wege anzunehmen und mit unseren Boxern zu gehen: die heute bereits etablierten und die künftigen, die eines Tages vielleicht möglich sein werden.
Dr. Elisabeth Fuchs-Rothenpieler skizzierte die Überlegungen ihrer Landesgruppe, einen sinnvollen und wegweisenden Beitrag für die Gesundheit unserer Boxer zu leisten und verwies auf die durch zahlreiche Studien belegte Tatsache, dass Tumorerkrankungen die vorrangige Todesursache innerhalb der Rasse darstellen. So fasste ihre Landesgruppe den Entschluss, ein Projekt im Rahmen der Krebsforschung zu unterstützen, das auf Grund der spezifischen Thematik des Mammakarzinoms zudem einen wesentlichen Aspekt der Gesundheit der Zuchthündin betrifft.

Im Mittelpunkt des Tages standen die beiden nun folgenden Vorträge von Dr. Michael Willmann unter dem Titel „Erster Antikörper für den Hund zur Diagnostik und Therapie von malignen Tumoren“ und „TissueFax Analyse an Mammakarzinomen von Boxerhündinnen zum Nachweis des Wachstumsfaktor-Rezeptors EGFR1“.

Therapiemöglichkeiten im Fokus

Dr. Michael Willmann sprach über die Potenziale und Wirkungsmechanismen der zielgerichteten Therapien als neue Wege in der tiermedizinischen Onkologie. Die zielgerichteten Therapien, die auch unter dem englischen Namen „targeted therapies“ bekannt sind, richten sich gegen gestörte und für das ungehemmte Wachstum verantwortliche Regulationsvorgänge der Tumorzelle, die durch Zellmutationen hervorgerufen wurden. Chemo- und Strahlentherapie gelten neben der Chirurgie als klassischer Tumorbehandlung in der Veterinärmedizin längst als feste Säulen einer umfassenden onkologischen Therapie für den Hund. Darüber hinaus machte die Entwicklung neuer Medikamente für den tiermedizinischen Bereich in den vergangenen Jahren Fortschritte, die zu Beginn dieses Jahrtausends noch nicht absehbar waren. Wesentlichen Anteil daran hat die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin, die vergleichende Onkologie, die bereits heute zur Zulassung modernster zielgerichteter Medikamente für die Behandlung krebskranker Hunde führte. Die abgeschlossenen Erbgutanalysen beim Menschen und 2005 auch beim Hund waren die unverzichtbare Voraussetzung dafür, die genetischen Ursachen einer Krebserkrankung und damit die zugrundeliegenden Mutationen, die letztlich zu einer Tumorentwicklung führen, definieren zu können. Wenn gestörte  Regulationsprozesse und deren verantwortliche Mutationen in den Krebszellen bekannt sind, lässt sich in vielen Fällen mit einem Medikament, das die für das Tumorwachstum verantwortlichen Signalwege der Zelle blockiert, zielgerichtet behandeln.

boxerkopf

Wichtige Forschungsarbeit auch für den Menschen

Im Mittelpunkt des aktuellen Forschungsprojekts für den Boxer steht nun die rassespezifische Untersuchung dieser neuen Diagnosemöglichkeit und eventuell nachfolgenden Therapieoption. Damit wird der Boxer zur ersten Hunderasse, der diese innovativen und wegweisenden Ergebnisse der Krebsforschung durch rassespezifische weitere Untersuchungen zugute kommen können. Das Projekt kann mit all den geschilderten Voraussetzungen auf eine bereits vorliegende und gesicherte wissenschaftliche Basis zurückgreifen. Zudem können die im Labor der Komparativen Medizin des Messerli Forschungsinstituts zur Verfügung stehenden Geräte für die TissueFax Analyse genutzt werden, die auch in der Humanmedizin zur modernsten medizinischen Technik gehören. Inhalt des Projekts ist es, in einem ersten Schritt mittels dieser exakten Analyseverfahren den Wachstumsfaktor-Rezeptors EGFR1 an Mammakarzinomen von Boxerhündinnen (Proben aus dem pathologischen Archiv der Veterinärmedizinischen Universität Wien) nachzuweisen. Dr. Michael Willmann verwies in diesem Zusammenhang gleichzeitig auf die unabdingbaren Voraussetzungen, die diese Form der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung erst ermöglichen: Das entschlüsselte Erbgut des Hundes und das damit verbundene Wissen um die genetische Ähnlichkeit von Mensch und Hund ist eine unverzichtbare und existentielle Voraussetzung für die vergleichende Forschung in Human- und Veterinärmedizin. Wenn die genetische Grundlage einer Krebserkrankung identisch ist, besteht die Möglichkeit, eine Therapie mit demselben therapeutischen Ansatz zu entwickeln. An die Stelle der „verschiedenen Medizin“ für Mensch und Tier tritt die EINE Medizin – in weiten Bereichen noch eine Zukunftsvision, vor allem in der Krebsforschung aber bereits Realität mit konkreten und greifbaren Ergebnissen. Diesen Gedanken griff auch Dr. Elisabeth Fuchs-Rothenpieler in ihrem spontanen und durchaus emotional gefärbten Schlusswort auf: Die Biologin erinnerte an die jahrtausendealte Geschichte der Beziehung zwischen Mensch und Hund, die das Leben des Menschen in nicht zu unterschätzender Weise geprägt habe, und interpretierte die Arbeit der vergleichenden Krebsforschung zum Wohle und zum Nutzen von Mensch und Tier als ein neues Kapitel in diesem langen und fortschreitenden Prozess.