News Training & Erziehung

Gebrauchshunde – die Workaholics der Hundewelt

© Bettina Bodner | Malinois beim Apportieren

Die gezielte Rassehundezucht hat eine breite Vielfalt unterschiedlicher Hunderassen hervorgebracht. Vom kleinen Chihuahua bis hin zur riesigen Dogge, gibt es weit über 400 von der FCI anerkannte Hunderassen. In der Historie hat sich die FCI als größter und bedeutendster Dachverband der weltweit organisierten Rassehundezucht etabliert. Sie fasste die unterschiedlichen Hunderassen nach ihren Anlagen in 9 Gruppen zusammen. Darunter finden sich in unterschiedlichen Gruppen auch Hunderassen, die Anlagen zur Erfüllung besonders spezifischer Aufgaben mitbringen – diese werden auch als Gebrauchshunde bezeichnet. Was sich dahinter verbirgt und warum sich die Hunde von anderen unterscheiden, soll in diesem Artikel umfangreichen beleuchtet werden.

Entstehung der Gebrauchshunde

Der Gebrauchshundesport ist aktuell in aller Munde. Allerdings wissen nur sehr wenige, was damit gemeint ist. In Zeiten, in denen wir den Hund als vollwertiges Familienmitglied verstehen, mögen raue Begriffe wie jener des „Gebrauchshundes“ erstmal Skepsis hervorrufen. Wozu soll man einen Hund schon gebrauchen? Und warum soll man dies überhaupt tun?

Die Antwort liegt in der je nach Rasse teils über hundert Jahre alten Entstehungsgeschichte der Hunderassen. Die meisten uns heute bekannten Hunderassen entstanden nicht durch Zufall, sondern wurden für ganz bestimmte Zwecke selektiert. Sie entstanden meist auch in Zeiten, in denen es den Menschen selbst alles andere als gut ging. Viele waren verarmt und hatten ein karges Leben zu bestreiten. Da blieb kein Geld übrig, um ein unnützes Maul durchzufüttern.

Gebrauchshund – Begriffsdefinition

Der Begriff „Gebrauchshund“ ist als solcher kein anerkannter, es handelt sich dabei vielmehr um eine Definition von arbeitswilligen Rassehunden. So fällt in die Gruppe der Gebrauchshunde ein Border Collie ebenso, wie ein Riesenschnauzer oder Rhodesian Ridgeback. Alle diese Rassen werden zu bestimmten Zwecken „gebraucht“.

Der Border Collie erleichtert dem Hirten die Arbeit an der Herde, läuft erhebliche Distanzen an nur einem Tag und ist daher alles andere als ein Hund für Jedermann. Wie groß der Einfluss der Genetik sein kann, wird besonders bei Border Collie-Welpen aus leistungsorientierten Verpaarungen deutlich. Schon im Alter von wenigen Wochen nehmen diese im Angesicht eines zu hütenden Herdentieres die für Border Collies typisch geduckte Haltung mit dem stechenden Blick („Eyeing“) ein.

Diesen Hunden muss das Hüten nicht mehr angelernt werden, sie besitzen dafür bereits alle Voraussetzungen. Im späteren Training geht es nur noch darum, die bereits genetisch vorhandenen Anlagen zu verfeinern. Dass Hunderassen, die für ein solches Arbeitspensum gezüchtet werden, im urbanen Umfeld mit täglich einer Stunde Spaziergang an der hübschen Leine nicht glücklich werden können und eine solche Haltungsform für diese Rasse gar nicht artgerecht ist, ist selbstredend. Dass diese Hunde daher häufig Gäste in den Tierheimen sind, weil sie während des Spaziergangs „zugebissen“ haben, ist ebenso wenig verwunderlich. Ein Hütehund der nicht hüten darf, hütet dann eben bei der nächstbesten Gelegenheit seine eigene kleine „Herde“. Es ist ja nicht seine Schuld, dass man sich vor seiner Anschaffung mehr auf die Fellfarbe, als seine genetischen Anlagen und Bedürfnisse fokussiert hat.

So verhält es sich auch bei vielen uns bekannten Jagdhunden. Der Weimaraner ist ein ausgezeichnetes Beispiel einer Rasse, die aufgrund ihrer ansprechenden Optik großes Potential mitbringt, zum Modehund zu avancieren. Verantwortungsbewusste Züchter jedoch vermeiden tunlichst, diese hochspezialisierten und in ihrer Haltung durchaus herausfordernden Hunde in unerfahrene Hände abzugeben. Ein Weimaraner bringt als Solitärjäger ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein mit. Außerdem bringt diese temperamentvolle Rasse auch ausgeprägte Anlagen für territoriales, wachsames und verteidigungsbereites Verhalten mit, was in falschen Händen schnell zu „unerwünschten“ Verhaltensweisen führen kann.

Gerade die Bereitschaft, eine für ihn wichtige Ressource zu bewachen, macht es unerfahrenen Hundehaltern sehr schwer. Es muss hier dringend darauf hingewiesen werden, dass Weimaraner früher von Förstern und Berufsjägern auch und gerade als „Leibwache“ gegen Wilderer genutzt wurden.

Prof. Udo Gansloßer, Mag. Gudrun Braun, Yvonne Adler (2021): Hunderassen – Zoologie, Zucht und Verhalten neu betrachtet. Kosmos)

Und letztlich wurden auch jene Hunderassen für bestimmte Zwecke gezüchtet, die im Gebrauchshundesport ausgebildet werden. Ihnen allen ist eine besondere Veranlagung zum Spiel mit Beute gemein, denn diese Lust ist eine wichtige Grundvoraussetzung, um einerseits bei den Übungen der Gewandheit in Abteilung B mit Hilfe des Beutespiels für die korrekte Ausführung der Übungen bestätigt zu werden, und andererseits am späteren Beutespiel mit dem Helfer in Abteilung C überhaupt Freude zu empfinden. Hunderassen die sich dafür in der Vergangenheit als besonders geeignet erwiesen haben sind der
– Deutsche Schäferhund
– Belgische Schäferhund (Malinois, Tervueren, Laekenois)
– Dobermann
– Rottweiler
– Deutsche Boxer
– Hovawart
– Holländische Schäferhund
– Terrier
– Riesenschnauzer
– Französische Schäferhund (Beauceron, Briard)

© iStockPhoto.com | Deutscher Schäferhund bei der Fährtensuche

Artgerechte Auslastung schafft ausgeglichene Hunde

Die Grundvoraussetzung für einen ausgeglichenen Hund ist es, sowohl bei einem Begleithund, wie dem Malteser, als auch bei einem Jagdgebrauchshund, ein seinen individuellen Bedürfnissen am besten entsprechendes Umfeld zu schaffen. Und dies erreicht man definitiv nicht durch Verbote all jener Umweltbedingungen, die dem eigenen Ideal widersprechen. Man erreicht es durch die Akzeptanz und Anerkennung individueller Bedürfnisse und durch das Bemühen, diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Es erscheint mir unrealistisch, davon auszugehen, dass jeder Hund mit denselben Methoden ausgebildet werden könne. Dem widerspricht schon die große Bandbreite unterschiedlicher Persönlichkeiten und Charaktere.

Das bedeutet für die Haltung eines Dobermanns, der seinerzeit gezielt als Wach- und Schutzhund gezüchtet wurde, die Möglichkeit zu gewährleisten, seine durch Selektion geformten Anlagen in einem seriösen, kompetenten Umfeld durch fachlich qualifizierten Anleitung alltagstauglich auszuleben.

Prof. Udo Gansloser, Mag. Gudrun Braun und die tierschutzqualifizierte Hundetrainerin Yvonne Adler in ihrem Buch „Hunderassen – Zoologie, Zucht und Verhalten neu betrachtet“ dazu: „Schutzhund Der Dobermann wurde zum Schutz und Beschützen gezüchtet. Diese Eigenschaft bekommt man aus ihm nicht mehr heraus. Es gibt zwar Vertreter der Rasse, die eine hohe Reizschwelle haben oder auch entwickeln können, dennoch ist in entsprechenden Situationen irgendwann ein Maß erreicht, bei denen der Schutz der Bezugspersonen/Familie/der eigenen Person wichtiger ist als erlerntes Verhalten, das als gesellschaftstauglich gilt. Er ist grundsätzlich territorial und passt immer auf.“

Hunde mit besonderen Bedürfnissen

Dies kann ich auch aus meiner persönlichen Erfahrung im Zusammenleben mit meiner Dobermannhündin so bestätigen. Athena war in ständiger Alarmbereitschaft. Das bedeutet nicht, dass sie nicht entspannen konnte. Sie war eine große Genießerin und liebte ausgedehnte Sonnenbäder. Doch glaubte sie verdächtige Geräusche zu hören, schaltete sie sekundenschnell in den Wachmodus. Und ihr territoriales Verhalten war ebenfalls auffallend stark ausgeprägt.
Ich habe Erfahrung in der Haltung unterschiedlicher Hunderassen, doch während viele Hunde im Alltag „mitlaufen“, verlangt die Haltung eines Dobermanns jedenfalls das Bekenntnis, sich der gezielten Ausbildung dieses Hundes anzunehmen. In unserem Fall war das eine ganze Palette unterschiedlicher Sportarten und Beschäftigungsmöglichkeiten. Ich probierte ganz bewusst viele verschiedene Sachen, um herauszufinden, was am ehesten ihre Leidenschaft war. So hatten wir Spaß am Agility, sie suchte akribisch beim Mantrailing und konnte sich beim Bikejöring richtig auspowern. Doch Erfüllung schien sie nur bei zwei Sportarten zu erfahren: dem Gebrauchshundesport und dem Lure Coursing. Beides Sportarten, die einerseits eine ausgeprägte Lust am Beutespiel und andererseits ein hohes Maß an Jagdlust voraussetzen. Von beidem hatte Athena als typische Dobermannhündin reichlich mitgebracht. Das Beutespiel in Abteilung C des Gebrauchshundesports war ihre größte Leidenschaft, was sich unter anderem darin widerspiegelte, dass die Anfahrt zu unserem Trainingsplatz die einzige Strecke von allen Anfahrtswegen zu Plätzen, an denen wir trainierten war, bei der sie freudig zu fiepen begann. Bereitete ich das Hetzgeschirr vor, sprang sie schon in die Hundebox.

Beim Lure Coursing konnte sie ihre enorme Jagdlust endlich in vollen Zügen ausleben. Sie durfte zwar in Gebieten die es zuließen auch frei laufen, doch konnte ein Freilauf oder auch Bikejöring an Befriedigung niemals gleichwertig sein, wie das Hetzen eines sich schnell bewegenden und damit das Verhalten einer lebenden Beute realistisch nachahmenden Objekts. In diesem Moment wird ein wahrer Cocktail an Glückshormonen im Gehirn des Hundes ausgeschüttet. Daher gilt das Hetzen für viele Hunde auch als selbstbelohnendes Verhalten. Das ist keine neue oder moderne Erkenntnis, sondern schlicht ein „Mitbringsel“ des Vaters Wolf. Wölfe haben bei ihren Jagdversuchen eine sehr geringe Erfolgsquote von lediglich etwa 10 %. Würden sie aufgrund dieser geringen Erfolgsquote nun frustriert das Handtuch werfen, wäre ihnen der sichere Tod gewiss. Daher ist für sie und auch Hunde mit entsprechenden Anlagen bereits das Beutehetzen selbst, also das Hetzen noch bevor wirklich Beute gemacht werden kann, derart lustbringend.

Was zusätzlich über Jahrzehnte gezielt selektiert wurde, kann nicht durch Alternativen, die lediglich unserer heute veränderten Lebensrealität besser entsprechen, ersetzt werden. Dem Dobermann und vielen anderen Gebrauchshunderassen ist es herzlich egal, ob wir uns als Menschen so weit von der Natur entfernt haben, dass wir dem Hund seine Aggression – eigentlich wichtiger Teil des natürlichen Verhaltens – heute als unerwünscht und unpassend ankreiden. Dass wir Menschen nicht mehr in der Lage sind, etwas so Alltägliches wie Aggressionsverhalten richtig zu interpretieren und lediglich dann von unerwünschtem sprechen, wenn es ein adäquates Maß übersteigt, ist nicht die Schuld unserer Hunde. Es ist die Folge einer öffentlichen Debatte, die mehr von Ideologien, als von dem Wunsch nach Verbesserung für ALLE Seiten, besonders die der Hunde, bestimmt wird.

Kaum ein anderer Bereich des Hundesozialverhaltens ist durch unsachliche Polemik derart vorbelastet wie das Aggressionsverhalten. Mit schuld (sic!) daran sind sicher dramatisch ausgeschmückte Zeitungsmeldungen über durch Hunde verursachte Unfälle. Bestimme Rassen gerieten in Verruf, a priori „gefährlich“ zu sein, unabhängig von ihrer Zucht, Aufzucht und Haltung (Training, Lebensumstände u.a.).

Dr. Dorrit Urd Feddersen-Petersen, Hundepsychologie – Sozialverhalten und Wesen, Emotionen und Individualität (2013), 5. Auflage. Kosmos

Vom Ideal- zum Problemfall

Ein Gebrauchshund mit einem ernsten, belastbaren und unbestechlichen Wesen war noch vor nicht allzu langer Zeit das Idealbild. Heute darf ein Hund idealerweise keine Arbeit mehr bereiten, aber auch nicht verrichten. In einer Zeit, in der ein fettgefütterter Hund auf der Couch als glücklicher interpretiert wird, als ein verschmutzter hechelnder Husky nach einem Rennen, haben Gebrauchshunde schlechte Karten.

Wir holen uns mit dem Haushund zwar ein domestiziertes Raubtier in unser Wohnzimmer, doch Medien zeigen uns mit entsprechendem Bildmaterial, dass es sich bei beißenden Hunden um Bestien handelt. Wer möchte schon eine Bestie sein Eigen nennen? Und wer möchte sich schon den Anfeindungen im Alltag aussetzen, die fixer Bestandteil solcher Debatten sind? Gestern war es noch der brave Hund von nebenan, heute ist es der gefährliche Köter, der zum Beißen gedrillt wird.

Mit dem Tag des Einzugs soll der Hund „fertig“ sein. Ein ansprechendes Äußeres, das beim Spaziergang die Blicke auf uns und unseren „Schatz“ zieht, sowie ein Wesen, das weder Erfahrung, noch Konsequenz erfordert, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, sich ernsthaft mit den Bedürfnissen unseres neuen Familienmitglieds auseinandersetzen zu müssen.

Ein Verbot des Gebrauchshundesports ändert nichts am Status Quo!

Ich liebe Hunde und daher ist es mir ein Anliegen für den Erhalt des Gebrauchshundesports zu kämpfen. In all seinen Facetten. Auch jenen, die in die moderne Gesellschaft nicht mehr „so gut“ passen. Denn ob Menschen, die selbst keinen Gebrauchshund führen oder geführt haben, Verständnis dafür aufbringen können, sollte nicht der (Gebrauchs-)Hund selbst ausbaden müssen, der heute durch seine Anlagen ebenso große Lust an diesen Beschäftigungsformen findet, wie zu Zeiten, als diese in der Gesellschaft noch anerkannter waren.

Wer auf der Strecke bleibt, ist das Tier selbst, das in der neuen Zeit bestraft wird, wofür es in der vergangenen gezüchtet wurde. Denn dass der Gebrauchshundesport ebenso dem Wandel unterliegt, wie auch die Gesellschaft selbst, findet trotz aller „Bemühen zum Wohle der Hunde“ keinerlei Beachtung. Ebenso wie die Tatsache, dass gezielte Verhandlungen für flächendeckende Verbesserungen bei der Ausbildung der diesen Sport ausübenden Personen wesentlich mehr für den Hund selbst bewirken würden, keinerlei Beachtung findet.

Ein Verbot des Gebrauchshundesport wird niemanden der es möchte davon abhalten, seinen Hund scharf zu machen. Hunde werden nicht auf öffentlichen Hundesportplätzen „scharf“ gemacht.

Dann zu dem Aggressionsverhalten im Sport. Es ist ja so, dass die meisten Hundesportler, die VPG (Anm.d.Red.: IGP Sport) machen, ohne dass ihnen das wirklich klar ist, gar kein Aggressionsverhalten wachrufen.

Dr. Esther Schalke, in einem Interview mit SPORTHUND

Aggression ist nicht gleich Aggression

In der aktuellen Debatte, soll der Gebrauchshundesport Grund für die in der jüngeren Vergangenheit vorgefallenen Angriffe mit für die Opfer tödlichem Ausgang gewesen sein. Bei dem Vorfall in Naarn, wir haben berichtet, konnten DNA Spuren in der Zwischenzeit jedoch belegen, dass nicht nur ein Hund zugebissen hat, sondern alle drei zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig ausgeführten Hunde beteiligt waren. In der Zuchtstätte waren kurz vor dem Vorfall Welpen gefallen, ein Umstand der in der Wissenschaft häufig als Grund für gesteigerte Aggressionsbereitschaft genannt wird.

Um das Aggressionsverhalten eines Hundes aber gegenüber seinem Sozialpartner Mensch so unkontrollierbar zu steigern, dass er bereit ist, wider seinem bei guter Sozialisierung erlernten Verhalten zuzubeißen, muss ihm massiv Schaden zugefügt werden. Sprich: er muss lebensbedrohende Angst erfahren und das über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Prinzipien der Verhaltenskonditionierung gelten auch hier, sodass sich dieses unnatürliche Verhalten nicht in zwei Tagen „erlernen“ lässt. Er muss also über einen längeren Zeitraum lernen, dass eine unverhältnismäßig gesteigerte Aggression eine, wenn nicht die einzige, Option für ihn ist.

© iStockPhoto.com | Aggression ist ein natürliches Verhalten des Hundes. Unseres übrigens auch oder überlassen Sie freie Parklücken immer anderen?

Solche Hunde lassen sich nur durch bessere Kontrollen, durch aktiv agierende Behörden finden und die von ihnen zweifellos ausgehende Gefahr, möglichst vermeiden. Doch selbst dann lassen sich Unfälle mit Hunden, wie jener der Rottweilerhündin, die einer Spaziergängerin ebenfalls Verletzungen mit Todesfolge zufügte, nicht vermeiden. Diese Hündin zeigte beispielsweise in der DOK 1 Folge „Der K(r)ampf mit dem Hund“ auf ORF 1 ausgestrahlten Reportage keinerlei Aggressionsverhalten oder im Angesichte des Helfers Anzeichen, dass sie je zuvor Erfahrungen mit Beißtraining gemacht hätte. Zu sehen war eine vollends verunsicherte Hündin, die keinerlei Lösungskompetenz in für sie unbekannten Situationen besaß. Diese Erkenntnis stützt auch Dr. Feddersen-Petersen:

Gefährliche Hunde sind nicht stabil (sozialer Status!) in Gruppen eingepasst, haben Defizite im Sozialverhalten, sind in ihrem Verhalten nicht oder schlecht zu beeinflussen, zeigen unausgewogenes Sozialverhalten, ihr Aggressionsverhalten tritt nicht als Regulativ, vielmehr als Symptom einer Verhaltensstörung auf.

Dr. Dorrit Urd Feddersen-Petersen, Hundepsychologie – Sozialverhalten und Wesen, Emotionen und Individualität (2013), 5. Auflage. Kosmos

Bleibt die Frage, warum neue Verbote mehr bewirken sollen, wenn schon bestehende keine ausreichende Prävention boten! Denn aggressionsförderndes Training ist de facto in Österreich laut Tierschutzgesetz für Privatpersonen bereits verboten:

§ 5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.
(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer
[…]
2. die Aggressivität und Kampfbereitschaft von Tieren durch einseitige Zuchtauswahl oder durch andere Maßnahmen erhöht;

Quelle: Tierschutzgesetz – TSchG

Fazit

Wir Menschen wollen weder verantwortlich, noch schuld sein. Schon gar nicht für einen Hund, der aggressiv ist oder womöglich Lust am Beißen verspürt. Warum wollen wir dann aber ein Tier in unseren Alltag integrieren, dessen bestes Werkzeug wir als solches nicht anerkennen wollen? Warum wollen wir uns mit dem Hund schmücken, aber nicht die Verantwortung für ihn übernehmen? Und warum belesen wir uns, bevor wir uns einen neuen Kühlschrank kaufen, doch haben keine Ahnung von dem Lebewesen, das wir unseren besten Freund nennen?

Der Hund als Individuum kann sich nicht so schnell ändern, wie die als Normativ geltenden Prinzipien innerhalb unserer Gesellschaft. Ich würde mir in der öffentlichen Debatte mehr Fragen zum mangelnden Verantwortungsbewusstsein der Menschen wünschen, anstatt die Schuld bei einzelnen Rassen (Stichwort „Kampfhunde“) oder Sportarten zu suchen. Wie sinnvoll ist es, eine Sportart zur „Prävention“ in einem Land zu verbieten, wenn dieselbe Sportart weltweit von Tausenden ausgeübt wird? Wenn es nicht einmal Statistiken gibt, die einen kausalen Zusammenhang belegen, was soll dann das Ziel eines solchen Verbots sein? Und warum will man bestimmten Rassen die einzige Möglichkeit nehmen, ihr natürliches Verhalten auszuleben, noch dazu in einem Rahmen, der bei fachkundiger Ausführung definitiv keine Gefahr darstellt?

Bettina Bodner
Herausgeberin YOUR DOG Hundemagazin

HIER können Sie die Petition zur Erhaltung des Gebrauchshundesports unterstützen.