Gesundheit

Megaösophagus bei Hunden

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Vielen Hundehaltern wird der Begriff Megaösophagus (zu Deutsch: Speiseröhrenerweiterung) nicht geläufig sein. Jedoch tritt diese Krankheit gar nicht so selten auf, wie man eigentlich vermuten würde, allerdings wird sie häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt.

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Der Megaösophagus ist eine Erkrankung der Speiseröhre, welche bei verschiedenen Haustierarten, am häufigsten jedoch beim Hund, vorkommt. Sie ist entweder erblich bedingt, also kongenital, oder tritt als Folge einer anderen Erkrankung auf und gilt somit als erworben.

Erworbener vs. angeborener Megaösophagus

Das Krankheitsbild des Megaösophagus ist durch eine verminderte Peristaltik (Muskelaktivität) der Speiseröhre charakterisiert, was bedeutet, dass der Transport der Nahrung von der Speiseröhre in den Magen nicht einwandfrei funktioniert. Die Ursachen dafür können entweder genetischer und somit angeborener Natur sein oder aber auch sich im Laufe des Lebens plötzlich, meistens als Folgeerscheinung einer anderen zugrundeliegenden Erkrankung, entwickeln. Hier spricht man dann von erworbenem Megaösophagus.

Der erworbene Megaösophagus wird in der Veterinärmedizin nochmals differenziert in die idiopathische und die sekundäre Form. Während sowohl dem kongenitalen als auch dem idiopathischen Megaösophagus als zugrundeliegende Ursachen eine neuronale Dysfunktion des afferenten Anteils des Schluckreflexes, welcher in weiterer Folge eine Beeinträchtigung der Elastizität der Speiseröhre zur Folge hat, zugesprochen wird, so muss beim sekundären erworbenen Megaösophagus davon ausgegangen werden, dass ihm eine Erkrankung vorausgeht, welche die Peristaltik der Speiseröhre, durch Störungen der Nervenbahnen, hemmt. Auf Grund des Mechanismus dieser Erkrankung und einer fehlenden spezifischen Therapie sowie der häufig auftretenden Komplikation einer Aspirationspneumonie, einer Lungenentzündung, die durch eingeatmete Speisereste und/oder Erbrochenem hervorgerufen wird, ist die Prognose für betroffene Tiere denkbar schlecht. Die meisten Tiere haben daher nur eine Überlebenszeit von wenigen Monaten bis zu einem Jahr. Vereinzelt sind jedoch speziell beim Parson Russell Terrier auch Überlebenszeiten von mehreren Jahren dokumentiert worden.

Ursachen & Entstehung

Die exakte Entstehung des erworbenen idiopathischen Megaösophagus ist bis heute leider unbekannt. Nach aktueller Theorie handelt es sich jedoch um eine Störung der Nervenbahnen, die eine verminderte neuronale Reaktion auf die übermäßige Dehnung der Speiseröhre zur Folge hat, wodurch diese sich weiter als üblich ausdehnen kann. Beim erworbenen sekundären Megaösophagus können eine ganze Reihe von Erkrankungen sowie auch toxische Ursachen als Auslöser in Betracht gezogen werden. Häufig werden die Symptome von den Besitzern nicht sofort als solche eines Megaösophagus erkannt. Die betroffenen Hunde zeigen in den unkompliziertesten Fällen häufiges Regurgitieren, Rückfließen von unverdauter Nahrung, die meist als Erbrochenes gedeutet wird, und Gewichtsverlust. Zusätzliche Symptome können weitere Aufschlüsse über zugrundeliegende Erkrankungen, bei erworbenem Megaösophagus, geben. Die häufigste Komplikation stellt die Aspirationspneumonie dar, bei der die betroffenen Tiere sehr häufig mit feuchtem Husten, Fieber und Atemnot vorgestellt werden.

(c) iStockPhoto.com / Hunde mit Megaösophagus sollten stehend gefüttert werden, sodass das Futter leicht in den Magen „rutschen“ kann.

Bei Patienten, die Regurgitieren zeigen, sollte der Megaösophagus an erster Stelle der Verdachtsdiagnosen stehen. Handelt es sich um Welpen, die diese Symp-tome unmittelbar nach der Umstellung von Muttermilch auf feste Nahrung zeigen, so liegt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein angeborener Megaösophagus vor. Bei älteren Patienten, bei denen Zeitpunkt und Intensität des Regurgitierens häufiger variieren, liegt eher der Verdacht des erworbenen Megaösophagus nahe. Symptome hier sind unter anderem ebenso Gewichtsverlust, Husten und Mundgeruch. Wobei der Gewichtsverlust als Folge der verminderten Nahrungsaufnahme resultiert.

Hunde mit erworbenem Megaösophagus werden überwiegend im Alter zwischen 7 und 15 Jahren vorgestellt, beim Neufundländer hingegen tritt der Megaösophagus schon in einem deutlich jüngeren Alter auf (ab 2 Jahre). Neben einer ganzen Reihe an neuromuskulärer und immunvermittelter Ursachen zählen auch endokrine, gastrointestinale, paraneoplastische und sogar toxische Ursachen zu den Auslösern für erworbenen Megaösophagus. Zu den toxischen Substanzen, welche einen Megaösophagus auslösen können gehören Blei, Organophosphate und Schlangengifte. Eine Bleivergiftung kann bereits durch geringe Mengen verursacht werden z.B. durch Schlucken einer Batterie, eines Angelschnurgewichts, Linoleum, Lötmaterial, durch Aufnahme einer Farbe auf Bleibasis durch Ablecken oder durch bleihaltige Materialien für Sanitärinstallationen. Eine Organophosphatvergiftung sollte in Betracht gezogen werden, wenn der Patient gleichzeitig Schwäche sowie eine Kleinhirnsymptomatik (Störungen im Bewegungsablauf und der Koordination) zeigt. Organophosphate finden sich unter anderem in Flohschutzhalsbändern und insektiziden Präparaten.

Diagnosemöglichkeiten

Um einen Megaösophagus zuverlässig diagnostizieren zu können, muss ein Thorax-Röntgen durchgeführt werden. Darüber hinaus sollte mittels Blutuntersuchungen nach zugrundeliegenden Erkrankungen gesucht werden, um eine möglichst passende Therapie zu finden. Sollte das Röntgen keine zweifelsfreie Diagnose zulassen, gibt es noch die Möglichkeit einer Kontrastdarstellung. Weiters empfiehlt es sich bei allen Tieren mit Regurgitieren oder Verdacht auf Megaösophagus ein komplettes Blutbild inkl. klinischer Chemie sowie eine Harnanalyse durchzuführen. Auch eine etwaige Vergiftung kann so ausgeschlossen oder bestätigt werden.

Die Behandlung von Tieren mit idiopathischem Megaösophagus erfolgt im Wesentlichen als unterstützende und symptomatische Therapie mit regelmäßiger Nachuntersuchung. Es ist ratsam regelmäßig Röntgenbilder des Thorax anfertigen zu lassen um das Fortschreiten des Megaösophagus zu überprüfen und frühzeitig Anzeichen einer Aspirationspneumonie zu erkennen. Patienten mit erworbenem sekundärem Megaösophagus erhalten neben der symptomatischen Therapie eine spezifische Behandlung, die sich nach der zugrundeliegenden Erkrankung richtet und entsprechend individuell ausfallen kann.
Besonders wichtig ist es, dass alle Medikamente in flüssiger Form verabreicht werden sollten, um ein Verbleiben in der Speiseröhre und damit eine Irritation dieser zu verhindern. Weiters besteht die große Gefahr einer Überdosierung, wenn in der Speiseröhre angesammelte Medikamente plötzlich alle auf einmal den Magen erreichen. Tiere mit angeborenem Megaösophagus können in den meisten Fällen nicht therapiert werden, sofern es sich nicht um einen persistierenden rechten Aortenbogen handelt. Hier findet in der embryonalen Entwicklung eine Fehlentwicklung statt, wodurch sich die Aorta nicht wie üblich links, sondern rechts ausbildet, wodurch die Speiseröhre zwischen Aorta und Lungenarterie eingeklemmt wird, was an dieser Stelle zu einer Engstelle führt und in weiterer Folge eine Speiseröhrenerweiterung vor dieser Engstelle auslösen kann. Im Falle eines persistierenden Aortenbogens kann durch einen chirurgischen Eingriff diese Engstelle behoben werden und bei rechtzeitiger Durchführung kann sich der Megaösophagus sogar vollständig zurückbilden.

Betroffene Rassen

Angeborener Megaösophagus
Bei Parson Russell Terrier, Springer Spaniel, Neufundländer, Samojeden, Shar Pei und Foxterrier ist der Erbgang des angeborenen Megaösophagus als autosomal rezessiv beschrieben, beim Dalmatiner tritt er hingegen oft als Teil einer angeborenen Erkrankung des Nervensystems auf. Der angeborene Megaösophagus ist erblich bedingt, wobei die Erbgänge sich je nach Rasse unterscheiden können. Als Ursache wird hier eine Hypomotilität (überhöhte Bewegungsaktivität) der Speiseröhre angenommen.

Erworbener Megaösophagus
Der erworbene Megaösophagus ist normalerweise nicht direkt erblich bedingt, allerdings sind Rassen mit einem erhöhten Risiko für Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) und Addison-Syndrom durch diese Krankheiten deutlich häufiger betroffen und haben ein erhöhtes Risiko für erworbenen Mega-ösophagus. Eine erhöhte Prävalenz des erworbenen Megaösophagus weisen die Rassen Irischer Setter, Deutsche Dogge, Deutscher Schäferhund, Labrador Retriever, Zwergschnauzer und Neufundländer auf.

Als unterstützende und symptomatische Therapie muss in erster Linie auf eine ausreichende Nährstoffzufuhr geachtet werden. Hierzu ist es besonders wichtig, den Nährstoffbedarf zu decken und gleichzeitig das Regurgitieren zu minimieren. Dies erreicht man in erster Linie durch sehr kleine, dafür häufiger verabreichte Mahlzeiten. Idealerweise befindet sich der Patient während der Fütterung in einer aufrechten Position, um die Nahrung mit Hilfe der Schwerkraft in den Magen zu befördern. Der Hund sollte sich bis zu 15 Minuten nach der Fütterung in dieser aufrechten Position (Position Sitz oder „Männchen“) befinden, da Regurgitieren auch zeitlich verzögert auftreten kann.
Tiere, die bereits sehr schwach und abgemagert sind, aber auch jene, bei denen das Regurgitieren nicht anders kontrolliert werden kann, sollten über eine Magensonde ernährt werden, da durch Regurgitieren das Risiko einer Aspirationspneumonie enorm hoch ist.

Die Behandlung einer Aspirationspneumonie sowie einer Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung) sollten durch ein entsprechend geeignetes Breitbandantibiotikum erfolgen. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto höher sind die Heilungschancen.

Prognose

Die Prognose für Tiere mit kongenitalem Megaösophagus ist abhängig davon, ob sich durch Wachstum die Bewegungsaktivität der Speiseröhre bis zum Alter von einem Jahr auf ein einigermaßen normales Maß reduziert. Durch fehlende spezifische Therapiemöglichkeiten ist die Prognose andernfalls denkbar schlecht, da auch nicht selten Komplikationen in Form von Aspirationspneumonie, Mangelernährung und Dehydration vorliegen. Auch die Prognose für Patienten mit erworbenem Megaösophagus ist nicht sonderlich günstig, da viele an einer Aspirationspneumonie gepaart mit Mangelernährung leiden, wodurch sich ihr Zustand immer weiter verschlechtert. Wie lang die Überlebenszeit ist, hängt allerdings von der Art und dem Ausmaß der Grunderkrankung ab und wie gut diese therapiert werden kann. Bei vielen Hunden entwickelt sich jedoch in den ersten Monaten nach Diagnosestellung eine oder mehrere der Komplikationen, sodass diese meist innerhalb weniger Monate versterben.